Adhäsionsverfahren
Das Adhäsionsverfahren ermöglicht es dem Opfer einer Straftat bereits im Strafprozess gegen den Täter zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen ohne hierfür ein zusätzliches Zivilverfahren bestreiten zu müssen. Geschädigte können sich also einen doppelten Kraftakt ersparen, indem sie ein Adhäsionsverfahren beantragen. Es handelt sich quasi um einen zivilrechtlichen Prozess innerhalb des Strafprozesses. Der Strafrichter entscheidet in diesem Fall nicht nur über die Freiheits- oder Geldstrafe, sondern auch über zivilrechtliche Ansprüche des Opfers einer Straftat.
Ansprüche des Opfers einer Straftat
Grundsätzlich ist der Täter gegenüber dem Opfer verpflichtet, den durch die Tat verursachten Schaden zu ersetzen. Darüber hinaus besteht möglicherweise ein Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld.
- als Schadenersatz kann das Opfer verlangen, dass der Täter den Zustand wiederherstellt, der bestehen würde, wenn er die Straftat nicht begangen hätte: beispielsweise Reparaturkosten für eine beschädigte Sache oder Ersatz entstandener Krankenhauskosten
- Schmerzensgeld stellt eine finanzielle Entschädigung für Verletzungen des Körpers, der Gesundheit, Freiheit oder sexuellen Selbstbestimmung dar
Voraussetzungen eines Adhäsionsverfahrens
Das Adhäsionsverfahren ist in den § 403 ff. StPO geregelt und ist zulässig, wenn:
- es um die Durchsetzung eines vermögensrechtlichen Anspruchs geht (z. B. Schadensersatz oder Schmerzensgeld)
- der Anspruch noch nicht vor einem Gericht geltend gemacht wurde
- der Beschuldigte bzw. Angeklagte zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alt war
Ablauf eines Adhäsionsverfahrens
- der Geschädigte oder sein Rechtsanwalt muss einen entsprechenden Antrag stellen; dieser kann ab Einleitung des Ermittlungsverfahrens bis zum Beginn der Plädoyers gestellt werden
- der Antrag ist im Gegensatz zum „formalisierten“ Zivilprozess an keine bestimmte Frist gebunden, kann schriftlich oder mündlich gestellt werden und die Anforderungen an die Beweismittel sind weniger streng als im Zivilprozess
- der Verletzte kann seinen Antrag bis zur Urteilsverkündigung zurücknehmen (etwa um sich die Möglichkeit eines Zivilverfahrens offenzuhalten)
- im strafrechtlichen Urteil wird über den Adhäsionsantrag entschieden, oftmals bietet sich jedoch bereits vorab ein Vergleich an
Vor- und Nachteile eines Adhäsionsverfahrens
Das Adhäsionsverfahren ist ein schneller und unkomplizierter Weg, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen:
- der Verletzte spart sich ein zweites zeit- und kräfteraubendes Verfahren
- ein Zivilprozess dauert vergleichsweise lange und hat einen ungewissen Ausgang, da der Zivilrichter nicht an die Entscheidungen des Strafrichters gebunden ist
- im Adhäsionsverfahren besteht ein geringeres Kostenrisiko (ein Zivilprozess ist mit weiteren Kosten verbunden, da der Kläger einen Prozesskostenvorschuss leisten muss)
- auch für den Geschädigten besteht ein Kostenrisiko, sofern der Adhäsionsantrag (teilweise) abgelehnt wird – dieses Risiko ist allerdings deutlich geringer als im Zivilverfahren
- ein möglicher Nachteil kann darin liegen, dass manche Gerichte nicht erfreut sind, wenn sie zusätzlich zu einer strafrechtlichen auch eine zivilrechtliche Entscheidung im Strafprozess treffen müssen – aus diesem Grund ist es oftmals ratsam, einen Adhäsionsvergleich anzustreben
- der Schädiger hat im Adhäsionsverfahren ein größeres Interesse an einem Vergleich, da eine Schadenswiedergutmachung bzw. ein sogenannter Täter-Opfer-Ausgleich in der Strafzumessung zu seinen Gunsten gewertet wird
- sollte der Adhäsionsantrag abgelehnt werden, besteht für den Geschädigten immer noch die Möglichkeit, seine Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen
Im Adhäsionsverfahren herrscht kein Anwaltszwang. Es ist dennoch ratsam einen Anwalt einzuschalten. Dieser kann den Sachverhalt rechtlich am besten beurteilen und Akteneinsicht beantragen. Auf dieser Grundlage kann ein schlüssiger Antrag gestellt werden.